Beratungspraxis Peter Haas-Ackermann

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Grundlagenpapier zur Erarbeitung präventiver Massnahmen gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz

In meinem beruflichen Alltag als Einzel-, Paar- und Familienberater sowie als Unternehmensberater und Leiter von Konflikt-Management-Seminaren erfahre ich laufend, wie stark die Arbeitsleistung eines Menschen von seiner persönlichen Motivation und dem Respekt vor seiner Persönlichkeit abhängt. Im Gegensatz zu Mobbing am Arbeitsplatz, dessen negative Auswirkungen inzwischen jeder verantwortungsbewussten Führungspersönlichkeit bekannt sein dürften, zumal dieses Thema in den Medien breit behandelt wurde in den vergangenen Monaten, gehe ich davon aus, dass aktuell noch die wenigsten Betriebsverantwortlichen um die gravierenden Folgen von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz wissen. Nicht selten verringert sich die Zufriedenheit der Betroffenen – in neun von zehn Fällen sind es Frauen – mit sich selbst und ihrer Arbeit.

 

Auch die als weniger gravierend eingestuften Verhaltensweisen wie sexistische Witze sowie eindeutig abschätzende oder anzügliche Blicke und Bemerkungen können durch die ständige Abwertung und Verunsicherung das Wohlbefinden und die Arbeitsfähigkeit der Betroffenen nachhaltig beeinträchtigen. Diese begleitet zumeist das Gefühl einer Bedrohung und Irritation durch den Arbeitsalltag. Infolgedessen leiden vor allem jene, die körperliche Übergriffe erfahren haben, unter typischen Stress-Symptomen, Verspannungen, Ängsten, Depressionen, Aggressionen, psychosomatischen Beschwerden bis hin zu schwerwiegenden Krankheiten.

 

Sexuelle Belästigung kann somit krank machen, den Arbeitnehmern/-innen ihr Selbstvertrauen nehmen und verunmöglicht nahe liegender Weise ein produktives Arbeitsklima.

 

Dies kann weder im Interesse der Geschädigten noch in demjenigen der Arbeitgeber/-innen liegen. Das Sozialministerium der Niederlande produzierte 1995 einen Werbefilm gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz („DOG“), weil es erkannte, dass, wer mit Menschen erfolgreich zusammenarbeiten will, deren Persönlichkeit zu achten und zu schützen hat.

 

Noch weniger klar dürfte vielen Arbeitgebern jedoch sein, dass für sie auch diesbezüglich eine klare Fürsorgepflicht gegenüber Arbeitnehmer/-innen besteht, wobei auch sexuelle Belästigung eine Form von Mobbing am Arbeitsplatz sein kann. In erster Linie ist dazu zu erwähnen, dass die in Art. 328 Abs. 1 OR genannte

 

Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer

 

mit in Inkrafttreten des Gleichstellungsgesetzes (1. Juli 1996) erweitert wurde. Die sexuelle Belästigung wird dabei ausdrücklich erwähnt:

 

 „Er (der Arbeitnehmer) muss insbesondere dafür sorgen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht sexuell belästigt werden, und dass den Opfern von sexuellen Be-
lästigungen keine weiteren Nachteile entstehen“. (neuer Satz 2)

 

Wie wichtig es für einen Arbeitgeber gerade aus wirtschaftlicher Sicht ist, den gesetzlich aufge-stellten Anforderungen nachzukommen, zeigen die nachstehenden Ausführungen. So haftet ein Arbeitgeber für die zivilrechtlichen Folgen einer sexuellen Belästigung durch eine nicht mit ihm identischen Person zwar ohnehin, aber das Unterlassen von Massnahmen gegen sexuelle Belästigung hat für die Arbeitgeber darüber hinausgehend straf- und zivilrechtliche Konse-quenzen.

 

Mit anderen Worten: Kommt ein Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht nicht nach, haftet er zusätzlich für den Schaden, der durch die sexuelle Belästigung entstand, da diese Unterlassung für sich selber persönlichkeitsverletzend sein kann.

 

Wird die Qualifikation als selbständige Persönlichkeitsverletzung verneint, liegt immer noch die Verletzung einer Vertragspflicht (Art. 328 Abs. 1 OR) vor, die für einen Schadenersatzanspruch ausreicht.

Beispiel

Einer Mitarbeiterin wird mehrfach von ihrem Vorgesetzten an den Busen gegriffen. Auf ihre Beschwerde beim Arbeitgeber reagiert dieser nicht. Infolge der ausbleibenden Unterstützung erleidet die Arbeitnehmerin eine behandlungsbedürftige psychische Störung. Für die Therapiekosten hat nur der Arbeitgeber aufzukommen.

 

Im Falle einer Klage einer Mitarbeiterin gegen den Arbeitgeber wegen am Arbeitsplatz erlittener sexueller Belästigung, kann vom Gericht eine Entschädigung von sechs Monatslöhnen
(Basis Schweiz. Durchschnittslohn) nach Art. 5 Abs. 3 und 4 Satz 3 GIG festgelegt werdenwenn es im vorliegenden Fall gänzlich an entsprechender Prävention seitens des Arbeitgebersfehlte. Daneben haftet der Arbeitgeber, wie weiter oben bereits erwähnt, aus Vertrag für aus densexuellen Belästigungen resultierenden Schadenersatz- oder Genugtuungsansprüche

(Art. 55 Abs. 2 2. Teil ZGB und Art. 101 Abs. 1 OR).

 

Greift ein Arbeitgeber zum Mittel der fristlosen Entlassung des „Opfers“, weil sich dieses gegen die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz beschwert hatte, dann behält sich das Gleichstellungsgesetz weitere vertragliche Ansprüche ausdrücklich vor (Art. 5 Abs. 5 GIG). Insofern wird für fristlose Kündigungen eine Kumulation der Ansprüche wegen diskriminierender und fristloser Kündigung möglich. Dies bedeutet, dass eine Arbeitnehmerin gesamthaft 12 Monatslöhne, sechs gestützt auf Art. 5 Abs. 2 und Abs. 4 Satz 3 sowie sechs gestützt auf Art. 337c Abs.3 OR, einfordern kann.

 

Allein schon deshalb muss es im Interesse von jedem Arbeitgeber liegen, alle nur erdenklichen Vorkehrungen zu treffen, damit ein Betriebsklima geschaffen werden kann, welches sexueller Belästigung am Arbeitsplatz nicht zuletzt dadurch vorbeugt, indem es zu Formen der Annäherung einlädt, die von allen Beteiligten erwünscht sind und mit positiven Gefühlen begleitet werden.

 

In einer partnerschaftlichen Atmosphäre besteht eine klare Haltung zur Unantastbarkeit der Würde jedes Menschen. Dadurch kann unmissverständlich unterschieden werden zwischen Annäherungen, denen eine unangemessene, demütigende, sexistische oder Machtorientierte Motivation zugrunde liegt und Handlungsweisen, die Ausdruck sind von echter  Freundschaft, herzlicher Atmosphäre oder eben wahrer Liebe.

 

Es liegt somit auf der Hand, dass ein wirtschaftlich denkendes Unternehmen in jeder Hinsicht klug daran tut, wenn es in diesem Sinne aktiv zum Schutze und zum Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter-innen beiträgt, da es damit die Produktivität der Mitarbeiterschaft fördert, wesentliche Qualitätssicherungsschritte einleitet und gleichzeitig wirksame Schritte unternimmt, um unnötige Kosten in Form von vertragspflichtigen oder gar strafrechtlichen Schadenszahlungen abzuwenden. Selbstverständlich kann der Umfang der Massnahmen aufgrund der Grösse eines Betriebes sehr variieren. Allerdings lohnt es sich aus den obgenannten Gründen für jede Firma, zumindest ein präventiv wirkendes Merkblatt gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz zu erstellen.

 

Es gehört zu meinem Beratungsansatz, mit konkreten Vorschlägen, die auf die jeweiligen Bedürfnisse und Firmenverhältnisse abgestimmt sind, bei der Ausarbeitung für derartige Erklärungen mitzuwirken, sofern dies vom Auftraggeber gewünscht wird.

 

(Einem Artikel aus dem St. Galler Tagblatt vom 29.8.1996 konnte entnommen werden, dass der Grossverteiler Coop mit einer Fachperson das Thema sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz eingehend diskutiert hat, um anschliessend ein entsprechendes Reglement in Kraft zu setzen und eine Anlaufstelle für Mitarbeiter/-innen einzuführen. In der Zürichsee-Zeitung fand sich zudem am 31.10.1996 ein Artikel, der von analogen Massnahmen innerhalb der Gemeindeverwaltung von Stäfa berichtet.)

 

Da ich mich mit der Thematik der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz sowohl theoretisch als auch praktisch in allen meinen Tätigkeitsfeldern (Beratung, Supervision, Ausbildungswesen, Un-ternehmensberatung, Konflikt-Management- und Vorgesetztenseminare) intensiv und fundiert auseinandergesetzt habe, kann ich Sie auch in diesen Fragen kompetent beraten. Darüber hinaus bin ich überzeugt davon, dass es für Sie nicht nur menschlich, sondern insbesondere auch wirt- schaftlich lohnenswert wäre, wenn Sie Grundsätze und Richtlinien zur Thematik der „Sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz“ – in einem auf die Grösse Ihres Betriebes abgestimmten Rahmens – mit mir als Fachperson diskutieren und erarbeiten.