Beratungspraxis Peter Haas-Ackermann

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Sexuell traumatisierte Menschen

Wichtig ist zunächst die Sichtbarmachung der in der Kindheit erfahrenen sexuellen Übergriffe, indem deren Wirklichkeit beleuchtet und mit der Klientin ergründet wird. Insbesondere soll dabei diese ursprünglich zum Zwecke des Überlebens abgespaltene Welt des „grauen Nebels“ oder des „schwarzen Loches“ erkannt und benannt werden. Das damit angestrebte Ziel besteht darin, die Welt des Alltags, welche das Kind aus Selbstschutzgründen als die einzig real existierende sehen wollte, sowie die Welt des „Schleiers“, erkennen und unterscheiden zu können. Erst dadurch ist es Betroffenen möglich die traumatischen Ereignisse ins heutige Leben zu integrieren, die Verbindung von Körper, Gefühl und Verstand wieder herzustellen, die Isolation und Abspaltung aufzuheben und der eigenen Wahrnehmung wieder zu vertrauen. Gelingt dieser Prozess, der wellenförmig verläuft, d.h. Phasen der Verleugnung wechseln ab mit Phasen des erneuten Erlebens usf., dann kann und sollte ein ehemals sexuell ausgebeuteter Mensch in der Lage sein, die entsprechenden Erlebnisse zu jedem Zeitpunkt und in jeder x-beliebigen Situation benennen zu können, ohne emotional aus dem inneren Gleichgewicht zu geraten oder am Inhalt selbst zu zweifeln, oder sich zu schämen oder gar schuldig zu fühlen.

 

Ausserdem werden von mir während der gesamten Behandlungszeit auch noch folgende Bereiche laufend thematisiert: (1) das Gefühl der Viktimisierung; (2) Macht und Kontrolle; (3) sexuelle Probleme und (4) Verbesserung des Selbstwertgefühls. Beim ersten Punkt geht es mir darum, dass „Opfer“ sexueller Gewalt verstehen, wie sie diese Ereignisse auf eine Art und Weise verinnerlichten, die schliesslich dazu führte, dass sie sich auch Jahre danach bzw. bis heute als Erwachsene viktimisiert fühl(t)en und wie dieses beständige Empfinden Opfer zu sein zu Gedanken und Verhaltensweisen führ(t)en, die sowohl dazu beitragen können oder konnten, dass sie fortgesetzt Übergriffe erleiden mussten oder immer noch er-leiden. Die Untersuchung dieser Aspekte kann Betroffene befähigen zu erkennen, wie sie ihre Opferrolle in Bezug auf den Täter ausgedehnt und sich selbst zum Opfer gemacht haben, indem sie eine ganze Serie von äusserst selbst zerstörerischen Handlungsweisen durchführ(t)en, sei es in Form von exzessivem Suchtmittelkonsum oder indem viele soziale Beziehungen sexualisiert werden oder schon als Jugendliche promiskuitives Verhalten, insbesondere in der Peer-Gruppe, praktiziert wird. Dieselben Bedeutungsrahmen und Interaktionsmuster können, wenn sie nicht bewusst gemacht und unterschieden werden, der Auslöser dafür sein, dass in Einzelfällen selbst Übergriffe durchgeführt werden, weil dies zumindest teilweise den Versuch widerspiegelt, die eigene Viktimisierung unter „Kontrolle“ zu bringen, da es schwierig ist, gleichzeitig Täter und Opfer zu sein. Diese sich selbst erniedrigende Verhaltensweise ist allerdings weit häufiger bei männlichen als bei weiblichen„Opfern“ feststellbar. Bei der Machtfrage geht es um die Eröterung u.a. folgender Fragen: Woher stammen Ihre Wertvorstellungen von Macht und Kontrolle? Auf welche Art verstärkt die Familie oder die Gesellschaft das Ungleichgewicht der Macht in einer Familie oder zwischen einem Kind und einem Erwachsenen? Inwiefern ist das Schweigen über das erlittene Unrecht die übertriebene Form der familiär oder kulturell akzeptierten Regel, dass ein Kind wenig oder nichts zu sagen hat oder viel eher einem Erwachsenen als einem Kind geglaubt wird? Was die sexuellen Probleme von Betroffenen betrifft, so haben diese ja oft verworrene Empfindungen gegenüber ihrer eigenen Sexualität, weshalb drei wichtige Bereiche ganz offen gemeinsam erkundet werden müssen: – Der erste Bereich betrifft die Auswirkungen, die der sexuelle Übergriff auf sie ganz allgemein gehabt hat? Der zweite Bereich betrifft die Wirkung, welche die sexuellen Übergriffe auf ihre eigenen sexuellen Verhaltensweisen hatten, wie ich weiter oben schon ausgeführt habe. Im dritten Bereich geht es darum, dass die Betroffenen möglicherweise während den sexuellen Ausbeutungshandlungen selber sexuell erregt wurden oder sogar einen Orgasmus erlebten, danach aber ungeheure Schuld und Scham empfanden. In dieser Hinsicht ist es enorm wichtig so eine Person über den Zyklus der sexuellen Erregung aufzuklären und ihr zu sagen, dass es normal ist, in bestimmten Situationen, die man sich nicht selbst so gewählt hätte, sexuell zu reagieren. Und dieser Person muss explizit und immer wieder gesagt werden, dass sie für die sexuellen Episoden in keinerlei Hinsicht verantwortlich ist, selbst wenn sie diese sogar genossen haben sollte. Auch muss sie wissen, dass sie mit diesem Erleben alles andere als allein ist. Hauptsächliches Ziel dieses Vorgehens ist es, den verunsicherten und ausgebeuteten Menschen zu befähigen Schuld- und Ekelgefühle in Bezug auf Sex zu verringern und ein dem Alter entsprechendes, würde- und verantwortungsvolles Sexualverhalten zu entwickeln und zu leben. All dies kann und soll letztlich zu einem verbesserten Selbstwertgefühl führen. Besonders erfreulich ist es, wenn dadurch ein Mensch befähigt wird, die Opferperspektive zugunsten eines selbstverantwortlichen Erlebens und Handelns zu überwinden und abzulegen.

 

Weiteres zu sexueller Belästigung finden Sie hier.

 

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